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Lieber Eckhard, unsere Stiftung feiert dieses Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum und du bist fast von Beginn an mit dabei. Als Gesellschafter und zuvor im wissenschaftlichen Beirat gestaltest du seit 1998 das Wirken der Stiftung und in besonderer Weise den Förderbereich Musiktherapie mit. Doch nicht nur hier hast du dich bereits früh der Förderung und Entwicklung des Fachs Musiktherapie verschrieben: Deine Ausbildung begann mit einem musikpädagogischen Studium der an der Musikhochschule Köln und führte dich anschließend zum Mentorenkurs Musiktherapie nach Herdecke. Du bist Mitbegründer des Instituts für Musiktherapie und Morphologie, wurdest mit der Dissertation zum Thema „Zwischentöne. Psychologische Untersuchungen zur musikalischen Improvisation“ promoviert. Am Institut für Musiktherapie der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg bist du seit 1986 als Dozent tätig und wurdest dort zum Professor berufen. Zwischendurch hast du sieben Jahre in Frankfurt am Main einen Masterstudiengang geleitet.
Du gehörst sicher zu denen, die in den vergangenen 40 Jahren intensiv in der musiktherapeutischen Szene mitgemischt haben. Mit welchen Schlagworten würdest du die Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte beschreiben?
EW: Besonders beeindruckt mich der Rückgang des Schulen- oder Lager-Denkens in der Musiktherapie bei gleichzeitiger Zunahme an professioneller Qualität. Das gilt sowohl für die Forschung wie für den Ausbildungsstand von Musiktherapeut*innen. Gleichzeitig muss man konstatieren, dass wir bei der Berufsanerkennung noch keinen Durchbruch errungen haben – obwohl wir zu Beginn meiner Berufstätigkeit als Musiktherapeut vor fast vierzig Jahren glaubten, dass dieser unmittelbar bevorsteht.
Wo würdest du hier die Rolle unserer Stiftung einordnen? Gibt es bestimmte Förderungen, Menschen oder Projekte, an die du besonders gerne zurückdenkst?
EW: Die Stiftung versucht eine Grundhaltung ideologischer Unvoreingenommenheit zu pflegen und zumindest bei den Stiftungstagen den Dialog zwischen Antragstellern zu fördern. Dabei spielt auch Andreas, der Namensgeber der Stiftung, eine Rolle. Seine Anmerkungen zu den Präsentationen geben immer mal wichtige Hinweise.
Besonders engagiert war ich persönlich in den letzten Jahren bei der Unterstützung des Aufbaus des ersten (privaten) Musiktherapie-Studiengangs in Slowenien. Ich war an der Projektentwicklung beteiligt und reise regelmäßig zum Unterricht dorthin. Ich freue mich, dass wir uns – noch mit Anja Hauser – auf eine solche fokussierte Langzeit-Förderung einigen konnten, die ein Novum für die Stiftung darstellte.
Wie hast du denn ursprünglich deinen Weg in die Kind Stiftung gefunden?
EW: Durch die Kollegin Monika Nöcker-Ribaupierre erfuhr ich, dass Verwandte in Hamburg eine Stiftung gegründet haben. Als stellvertretender Institutsleiter habe ich mich zu einem Gespräch bei dem Ehepaar Kind angemeldet, weil ich dachte, dass dies vielleicht für bedürftige Studierende ein hilfreicher Kontakt sein könnte.
Beim Tee auf der sonnigen Terrasse ihres Hauses im Sommer 1992 schallte mir dann relativ bald die direkte Frage entgegen: Und was ist denn Ihr Anliegen, was möchten Sie selbst denn entwickeln?! Ich fühlte mich sehr direkt angeblickt und als Person herausgefordert. Tatsächlich hat sich daraus die Idee für meine Doktorarbeit entwickelt – die dann direkt von der Stiftung gefördert wurde. Ich kam gewissermaßen als Institutionsvertreter, als Funktionär - und ging als jemand, der als Person nach seinem Anliegen gefragt worden war.
In den ersten zwanzig Jahren war die Stiftungsarbeit sehr von dem Wirken unseres Stifters geprägt: Es lag und liegt Herrn Prof. Kind am Herzen, Menschen mit inspirierenden Ideen und besonderem Engagement zu unterstützen. Wie hast du die aktive Zusammenarbeit mit ihm erlebt?
EW: Immer offen und wertschätzend, zuweilen herausfordernd. Er ruhte in seiner Beratung nicht, bis jemand seine Frage deutlich gemacht und ein Projekt nach seiner Einschätzung realistisch und durchführbar konzipiert hatte. Dem dicken Umschlag mit Anträgen und Berichten an die Beiräte lag dann etwa ein Brief bei, in dem Herr Kind in seiner feinen Handschrift aufforderte: „Bitte rufen Sie mich an, wenn Sie sich ein Urteil gebildet haben.“
Es hat sich viel getan in der musiktherapeutischen Ausbildungs- und Berufslandschaft. Eine Professionalisierung der Szene ist kaum zu übersehen und doch steckt bspw. die berufsrechtliche Anerkennung der Musiktherapie weiterhin in ihren Kinderschuhen. Wenn du einen Wunsch frei hättest für die Zukunft der Musiktherapie, welcher wäre es?
EW: Dass die nachwachsenden Generationen von Musiktherapeut*innen ihren Idealismus und ihre Begeisterung für diesen Beruf nicht verlieren – trotz unbefriedigender Rahmenbedingungen. Dass sie weiter mit Einfallsreichtum und Kühnheit neue Wege suchen, auf denen sie für die Musiktherapie und was immer daraus werden mag, eintreten.
Zum Schluss einmal Hand aufs Herz: Warum ist und war es genau die Musiktherapie, der du deinen beruflichen und oft auch privaten Lebenslauf gewidmet hast?
EW: Mich fasziniert nach wie vor, mit Menschen musikalisch-spielerisch in Kontakt zu kommen. Hier meine ich mit grundlegenden Gegebenheiten menschlicher Kreativität in Berührung zu treten.
Herzlichen Dank für das Interview und dein fast 30-jähriges Engagement für unsere Stiftung, lieber Eckhard!
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