Herbstnewsletter 2019

*|MC:SUBJECT|*
View this email in your browser

Liebe Freunde und Interessierte der Andreas Tobias Kind Stiftung,

vor gut einem Monat haben wir im Rudolf Steiner Haus in Hamburg unser 30-jähriges Jubiläum mit Ihnen gefeiert. Wir haben uns sehr gefreut über diesen bunten Tag voller Musik und fröhlicher Begegnungen, angeregter Gespräche und Fachvorträge! Ein kleiner Bericht, gespickt mit zahlreichen Impressionen, gibt auch denjenigen Einblicke, die es dieses Jahr leider nicht zu uns nach Hamburg geschafft haben.   

Eine unserer Jubiläumsgäste war Prof. Dr. Christiane Drechsler. Als mehrjährige Weggefährtin der Stiftung berichtet sie in diesem Newsletter von dem Projekt "Stiftung Kohlerhaus", einer Wirkungsstätte für junge Erwachsene mit Schwerst- und Mehrfachbehinderungen, das unsere Stiftung im vergangenen Jahr gefördert hat. Einen Buchtipp haben wir dank Prof. Drechsler auch für Sie parat: In "Begegnungs-Räume. Begegnung und Beziehung in Inklusionspartnerschaften", berichtet sie über unser Förderprojekt "Persönliche Zukunftsplanung" und lässt dabei insbesondere die Beteiligten zu Wort kommen.

Auch Prof. Dr. Eckhard Weymann, der unsere Stiftungsarbeit als Gesellschafter und einer der ersten Geförderten von Beginn an begleitet und prägt, ist Autor eines gerade neu erschienenen Werkes: In "Musiktherapie und Ethik", das er gemeinsam mit Prof. Dr. Thomas Stegemann verfasst hat, stellt er die Grundlagen des berufsethischen Denkens dar und möchte seine Leser mithilfe zahlreicher Praxisbeispiele zum Nachdenken anregen. In diesem Newsletter finden Sie eine ausführliche Buchvorstellung.

Seit mittlerweile drei Jahren bereichert Prof. Dr. Thomas Ostermann unser Gremium mit seinem frischen und exakten Blick: Als Professor für Forschungsmethoden und Statistik in der Psychologie und Mitbegründer der Wissenschaftlichen Fachgesellschaft für Künstlerische Therapien engagiert er sich für eine stärkere Vernetzung unter den Wissenschaftszweigen. Dieses Jahr ist die erste Ausgabe des Online-Journals of Arts Therapies digital erschienen - mehr dazu erfahren Sie weiter unten. 

Christina Niedermann und Pauline Warneboldt setzen sich als unsere Geförderten ebenfalls für einen vermehrten Austausch unter den Akteuren Künstlerischer Therapien ein. Sie berichten über ihr Projekt "Vernetzung und Kompetenzerwerb" zum interdisziplinären Austausch Studierender künstlerischer und gesundheitsbezogener Studiengänge. Wer die Zusammenarbeit sucht, ist hiermit dazu aufgerufen, mitzumachen! Mehr dazu weiter unten.

In unserer Rubrik "Im Gespräch mit ..." freuen wir uns diesen Herbst über eine interessante Unterhaltung mit Prof. Dr. Susanne Metzner. Als ehemaliges Gremiumsmitglied erzählt die Professorin für Musiktherapie von ihren persönlichen Eindrücken von der Stiftungsarbeit, ihrem beruflichen Werdegang sowie der Entwicklung der heutigen Ausbildungssituation und warum es sie immer wieder an neue Orte treibt.

Die Tage sind nun kürzer und dunkler - und lassen uns mehr Zeit für Gemütlichkeit, zum Teetrinken und Lesen (u.a. von Newslettern). Genießen Sie den "hyggeligen" Herbst!

Ihr Team der Andreas Tobias Kind Stiftung
Britta Johannesson - Hannah Ott

30 Jahre Andreas Tobias Kind Stiftung
Rückblick auf einen bunten Stiftungstag am 28. September 2019

Mit feinem Taktgefühl läuteten Andreas Tobias Kind und seine Neffen Marc und Kolja Schenk unsere Jubiläumsfeier ein: Auf Blockflöte, Geige und Cello spielten sie ein Trio von Mozart. Anschließend wünschte uns unser Namensgeber einen gelungenen Stiftungstag und übergab das Wort an die Geschäftsführung Britta Johannesson: Über 250 Projekte hat die Stiftung in den vergangenen Jahren bereits gefördert, resümierte Frau Johannesson. Zu Anfang ganz familiär, mit Stiftungstagen, zu denen der Stifter Prof. Hellmut Kind jährlich in sein eigenes Wohnzimmer einlud, erweiterte sich mit den Jahren die Anzahl geförderter Projekte ebenso wie das Gremium. Und auch die Räumlichkeiten, in denen die Stiftung tagt(e), wurden mit der Zeit größer und offizieller. Beibehalten hat sich die Stiftung jedoch ihre sehr persönliche Atmosphäre, die sowohl in den internen Sitzungen als auch auf den öffentlichen Stiftungstagen herrscht.

Unser Gesellschafter Prof. Dr. Eckhard Weymann malte uns in seiner Jubiläumsansprache ein schönes Sinnbild für diesen besonderen, persönlichen Kontakt, den wir auch zu unseren Geförderten suchen: Vor etwa zehn Jahren war er zu Besuch bei Claudia und Spela Loti Knoll in Slowenien, die dort mit Hilfe der Kind Stiftung ein erstes Institut für Musiktherapie aufbauten. Herr Weymann lernte von den Beiden, wie man einen Kaminofen fachkundig anheizt - macht man alles richtig, entsteht eine angenehme, wohltuende Wärme, die noch lange anhält. Die Nähe zu unseren Geförderten und die Nachhaltigkeit unserer Unterstützungen sind seit 30 Jahren zwei wichtige Kriterien für die Stiftungsarbeit.

Auch Prof. Dr. Lutz Neugebauer hielt eine kleine Ansprache und betonte dabei u.a. die Bedeutung unseres Engagements zur berufsrechtlichen Anerkennung von Musiktherapie - auch in diesem Punkt bedarf es einer engen und nachhaltigen Zusammenarbeit aller Vertreter Künstlerischer Therapien. Er stellte heraus, dass die Stiftung bezüglich der Entwicklung und Professionalisierung der Musiktherapie in den vergangenen Jahrzehnten einen grundlegenden Beitrag geleistet hat.

Einen kleinen Spannungsmoment bildete die "Premiere" unseres im Jubiläumsjahr neu gedrehten Kurzfilms: Hierin erzählt unser 96-jähriger Stifter Hellmut Kind von den Anfängen der Stiftung und den Beweggründen für ihre Entstehung. Persönliche Blickwinkel und Anekdoten von Hellmut Kind und weiteren langjährigen Weggefährten aus unserem Gremium machen den Film von Stefan Gieren zu einem gelungenen, emotionalen Zeitdokument. 

Im Anschluss an das "Jubiläumsprogramm" stellten - wie bei unseren Stiftungstagen üblich - drei unserer Antragsstellenden bzw. Geförderten ihre Studienvorhaben vor. Auch unser Gesellschafter Götz Kaschubowski hielt einen lebendigen Vortrag zur Situation der Heilpädagogik in 2020 - bunt soll und wird sie hoffentlich bleiben, in einer Welt voller Begegnungen und des In-Beziehung-Gehens!

Ein In-Beziehung-Gehen - vielleicht ist es genau das, was unsere dreißigjährige Stiftungsarbeit wie auch unseren diesjährigen Jubiläumstag besonders macht(e): Begegnungen von Mensch zu Mensch, fachlicher Austausch, privates Klönen, gemeinsames Singen ... all das haben wir an diesem Tag (genau wie all die Jahre) sehr genossen! In den Pausen stimmten wir zusammen Lieder an, auf der Gitarre begleitet von Brigida Schenk und am Klavier von Lutz Neugebauer. Unser ehemaliger Geförderter Prof. Dr. Jan Sonntag bescherte uns ein wunderbar gespenstisches Geburtstagsständchen, in dem er uns mit auf Geisterjagd nahm. Den Abschluss bildete wie immer Andreas Tobias' Lieblingslied: Bunt sind schon die Wälder - wie stimmig!

Aktuelle Termine

14.11.2019 20. Netzwerktreffen Kinder- und Jugendmusiktherapie in Norddeutschland: Wie ist das auszuhalten? Wie schützen sich Musiktherapeut*innen in herausfordernden therapeutischen Situationen? Staatliche Jugendmusikschule Hamburg19-21.30 Uhr, Anmeldung bei Prof. Karin Holzwarth, Tel.: 040/ 42801-4157 oder per Mail: karin.holzwarth@bsb.hamburg.de

15.-16.11.2019 9. Grazer Musiktherapietag. Kunstuniversität Graz

29.02-1.03.2020 28. Fachtagung Musiktherapie: Glück und Sinn in musiktherapeutischen Belangen. Freies Musikzentrum München e.V.

05.09.2020 Öffentlicher Stiftungstag 2020 der Andreas Tobias Kind Stiftung. Rudolf Steiner Haus, Hamburg

Projekt "Stiftung Kohlerhaus"
Prof. Dr. Christiane Drechsler über ein noch junges, doch bereits sehr erfolgreiches Inklusionsprojekt in Mannheim

Das durch die Andreas Tobias Kind Stiftung geförderte Projekt "Stiftung Kohlerhaus" wurde durch eine Elterninitiative der Hans-Müller-Wiedemann-Schule ins Leben gerufen, die für ihre schwerst- und mehrfachbehinderten Jugendlichen nach Ende der Schulzeit eine inklusive Arbeits- und Förderperspektive suchte. Als Einrichtung der Werkgemeinschaft Martinshof und in Kooperation mit dem Verein für Körper- und Mehrfachbehinderte - Spastikerverein Mannheim werden seit September 2017 zwölf junge Menschen mit besonders hohem Assistenzbedarf im Kohlerhaus gefördert und betreut. 

Handlungsleitend ist der Gedanke einer Vernetzung mit Unternehmen und Vereinen vor Ort, um nach Maßgabe der Interessen der jungen Menschen eine sinnstiftende Tätigkeit zu gestalten. Dies ist in den letzten beiden Jahren in vielfacher Weise gelungen: Im Kohlerhaus selbst werden für die Jungadler Mannheim Taschen gefertigt und verkauft, aus gespendeten Holzpaletten entstehen in gemeinsamer Arbeit Gartenmöbel. Ein dort betreuter junger Mann arbeitet mit Assistenz seit einigen Monaten regelmäßig in einem Möbelhaus .

Eine weitere Kooperation des Kohlerhauses besteht zur Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft am Standort Mannheim. Die jungen Menschen mit Behinderung und ihre Assistentinnen waren jeweils dienstags in der Hochschule zu Gast, um gemeinsam, angeleitet durch eine Eurythmistin und Heileurythmistin, Eurythmie zu betreiben. Das Mittagessen wurde gemeinsam mit den Studierenden und den Dozierenden in der Mensa eingenommen. Seit Beginn dieses Studienjahres im September ist die Kohlerhaus-Gruppe integraler Bestandteil des Lehrveranstaltungsplans: Studierende im 3. Semester können im Modul Kunst und Künstlerische Therapien diese Gruppe für ihr Studium wählen. Die ersten Reaktionen sind durchweg positiv – bei beiden beteiligten Gruppen.

Durch die Zuwendung der Kind Stiftung war es möglich, die Pilotphase finanziell zu stützen, sodass eine Einführung für die jungen Menschen mit Behinderung in die Eurythmie möglich war. Herzlichen Dank dafür.

Neuerscheinung: "Begegnungs-Räume" von Christiane Drechsler
Ein Buch über die Planung und Durchführung des Projekts "Persönliche Zukunftsplanung" im Freizeitbereich von Menschen mit geistiger und Mehrfachbehinderung in einem Wohnprojekt in Hamburg Ahrensburg

Ein wichtiges Ziel des Projekts "Persönliche Zukunftsplanung" war es, Wege aufzuzeigen, wie Menschen mit teils schwersten Behinderungen selbstbestimmt und individuell ihre Freizeit gestalten können. Zentral für die wissenschaftliche Begleitung waren Interviewreihen mit den planenden Personen und den Inklusions-Partnern sowie den Mentorinnen. Die Auswertung der Interviews brachte zum Teil erstaunliche Ergebnisse: Nicht immer ging es um ein »Mehr« an Angeboten im Sozialraum, genauso wichtig konnte das Ankommen bei sich und am (noch relativ neuen) Wohnort oder der Aufbau einer Freundschaft sein.

Christiane Drechsler (2019). Begegnungsräume. Begegnung und Beziehung in Inklusionspartnerschaften. Oberhausen: Athena-Verlag e.K. 154 Seiten, 25,00 Euro

Neuerscheinung: "Ethik in der Musiktherapie" von Thomas Stegemann und Eckhard Weymann
Eine Buchvorstellung unseres Gesellschafters Prof. Dr. Eckhard Weymann zu seinem praxisnahen Lehr- und Nachschlagewerk

Ethische Fragen sind in unserem Alltag und im Berufsleben in den letzten Jahren stärker ins Bewusstsein gekommen. Das hat u.a. mit der Entwicklung der Informationstechnologien zu tun (Themen u.a.: Big Data, Social Media, Informationelle Selbstbestimmung etc.), aber auch mit den technischen Möglichkeiten der Medizin (Thema: Soll alles, was machbar ist, auch wirklich gemacht werden?). Auch Fragen zur pränatalen Diagnostik (Früherkennung von Behinderungen) oder zum Umgang mit dem Sterben sind uns in der gesellschaftlichen Diskussion oft sehr nah gerückt.
Als Betroffener sieht man sich bei solchen Fragen mit einem Dilemma konfrontiert, einer Entscheidungssituation, die nicht ohne Rest zu lösen ist, wo es gilt, Argumente abzuwägen und die relativ beste Lösung zu finden. In helfenden, pädagogischen und auch in therapeutischen Berufen, wie etwa in der Musiktherapie, gibt es eine Vielzahl solcher Entscheidungssituationen, etwa wenn es um die Entscheidungsfreiheit und zu schützende Autonomie von solchen PatientInnen geht, die sich nicht verbal äußern können. Wie finden wir heraus, ob unsere therapeutischen Bemühungen überhaupt erwünscht sind? Wie ist es mit dem Behandlungsauftrag von Kindern? Wie gehen wir mit der (relativen) Vertraulichkeit in einer Kindertherapie um, wenn wir mit den Eltern sprechen?

Zusammen mit Thomas Stegemann habe ich ein Lehr- und Nachschlagebuch geschrieben zum Thema „Ethik in der Musiktherapie“. Es ist das erste deutschsprachige Werk dieser Art und stellt die Grundlagen des berufsethischen Denkens dar, aber vor allem auch die Praxis, es geht ja um die angewandte Ethik. Besonders stolz sind wir auf die weit über 100 Fallvignetten im Buch, die uns Kolleginnen und Kollegen mitgeteilt haben. Wir hatten nach kurzen Beispielen für ethische Fragestellungen aus Praxis, Lehre und Forschung gefragt. Das Echo hat uns zugleich von der Relevanz unserer Arbeit an dem Buch überzeugt, das wir aus unserer Praxis als Hochschullehrer und Therapeuten heraus zu schreiben begonnen hatten.

Neben einigen Grundüberlegungen zum Menschsein aus der Philosophie geht es im Buch um die Entwicklung der Moral aus evolutionärer und entwicklungspsychologischer Sicht, um ethische Prinzipien, die in einem Gesundheitsberuf wichtig sind, um Leitlinien. Fragen der Vertraulichkeit und Verschwiegenheitspflicht werden ebenso (mit Beispielen) erörtert wie Überlegungen zur Ethik in der Ausbildung und in der Forschung. Da es wichtig ist, in einer meist komplexen und verwickelten Situation entscheidungsfähig zu bleiben, stellen wir ein Modell zur Entscheidungsfindung vor. 

Gegen Ende des Buches, das wir versucht haben, möglichst anschaulich zu schreiben, diskutieren wir ethische Fragestellungen aus elf ausgewählten Arbeitsfeldern: etwa aus der Psychiatrie, der Palliativmedizin oder der Arbeit mit Menschen, die unter den Bedingungen einer Behinderung oder einer Demenz leben. Spätestens hier dürften auch KollegInnen angrenzender helfender, pädagogischer oder therapeutischer Berufe vieles wiedererkennen, was ihnen bekannt vorkommt. Und hoffentlich zahlreiche Anlässe zum Nachdenken und zum bewussteren Handeln in konkreten Situationen finden. 

Thomas Stegemann, Eckhard Weymann (2019). Ethik in der Musiktherapie. Grundlagen und Praxis. Göttingen: Psychosozial-Verlag. 315 Seiten, 32,90 Euro

Neues Online-Magazin: Journal of Arts Therapies
Prof. Dr. Thomas Ostermann über ein englischsprachiges Open-Access-Journal mit wissenschaftlichen Beiträgen rund um die Künstlerischen Therapien

Häufig wird gefragt, wie Neues in die Welt kommt, was sicherlich nicht immer und schon gar nicht einfach zu beantworten ist. Eine andere, etwas einfachere Frage könnte aber auch lauten: Wie können neue Erkenntnisse offen und transparent kommuniziert werden?
Hier gibt es für den Bereich der Künstlerischen Therapien seit August 2019 eine neue Antwort: Das GMS (German Medical Science) Journal of Arts Therapies (JAT) – Journal of Art-, Music-, Dance-, Drama-, and Poetry-Therapy. Es wird von der Wissenschaftlichen Fachgesellschaft für Künstlerische Therapien (WFKT) herausgegeben und bietet Autoren die Möglichkeit, Originalpublikationen und Übersichten aus dem gesamten Bereich der Kunst-, Musik-, Tanz- und Bewegungs-, Theater- und Poesietherapie frei zugänglich (Open-Access) zu publizieren. Das bedeutet konkret, dass jeder die Artikel kostenlos lesen, herunterladen, speichern, verlinken oder drucken kann. Mit diesem neuen Format kann zu wissenschaftlichen Artikeln auch zusätzliches Material wie bspw. Videos oder Bilder hochgeladen werden, was die sinnlich ästhetischen Modalitäten der Künstlerischen Therapien noch besser zugänglich macht. 

Eingereicht werden können Forschungs- und Übersichtsarbeiten, Projektberichte, Kurzbeiträge sowie Diskussionsbeiträge und Kommentare zu Künstlerischen Therapien, Kunst in Medizin und Psychotherapie sowie Kunst und Gesundheit. Publikationen werden sowohl auf Englisch und Deutsch angenommen. Das JAT möchte ausdrücklich auch junge Forscher ermutigen, ihre wissenschaftlichen Ergebnisse aus diesem Bereich zu publizieren.

Ergänzende Informationen zum Journal gibt es auf der Website von GMS Journal of Arts Therapies oder der Wissenschaftlichen Fachgesellschaft für Künstlerische Therapien (WFKT).  

"Vernetzung und Kompetenzerwerb"
Christina Niedermann und Pauline Warneboldt über ihr Projekt zum interdisziplinären Austausch Studierender künstlerisch orientierter und gesundheitsbezogener Studiengänge

Jede künstlerische und jede psychologische Forschung beginnen mit dem Wahrnehmen und Beobachten eines Phänomens. Die Psychologie als empirische Wissenschaft überprüft theoretische Annahmen über mögliche Ursachen und Bedingungen, um Erfahrungen zu beschreiben und zu erklären. Die Künste schöpfen aus der Erfahrung ihre Gestaltungsform und verleihen ihr so einen Ausdruck. Wenn doch der Forschungsgegenstand in beiden Disziplinen der gleiche ist, wieso arbeiten dann nicht beide Gruppierungen interdisziplinär zusammen? Diese Frage beschäftigt uns. Wir, das sind Christina Niedermann (Hochschule für Künste im Sozialen, Ottersberg (HKS)) und Pauline Warneboldt (Universität Witten/Herdecke (UW/H)). Auf unseren Wegen im Studium an der UW/H sind wir vielen Menschen an den Schnittstellen zwischen Psychologie und den Künsten begegnet, die die Frage stellen, wie sich beide Disziplinen gegenseitig inspirieren können. 
Bisher wird diese Bühne dieser interdisziplinären Zusammenarbeit auf der Ebene der Studierenden und des wissenschaftlichen Mittelbaus wenig genutzt. Das wollen wir mit unserem Vorhaben ändern. Wir möchten ein Organisationsteam Studierender unterschiedlicher Fachrichtungen bilden, das im Sinne der Vernetzung und des Kompetenzerwerbs gemeinsam agiert, Ideen sammelt und diese gebündelt in einer Tagung präsentiert. Wir möchten einen Raum als Austauschplattform vor allem für Auszubildende, Studierende und junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler künstlerischer, künstlerisch-therapeutischer und psychologischer Bereiche anbieten. Hauptaugenmerk möchten wir dabei auf den Erfahrungsaustausch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit ihren individuellen Forschungsfragen und Projekten legen. Dabei sollte sowohl methodischer als auch inhaltlicher Austausch stattfinden, stets unter dem Aspekt, neue Forschungsfragen oder neue Forschungsprojekte zu entwickeln. Hierfür möchten wir Kooperationen bestehender hochschulübergreifender Netzwerke nutzen, sowie neue Kooperationen mit weiteren Hochschulen und öffentlichen oder privaten Forschungseinrichtungen eingehen. Wir erhoffen daraus neue wissenschaftliche Perspektiven zu erhalten, neue methodische Zugänge zu künstlerischen Phänomenen zu generieren und den Theorie-Praxis-Transfer zu stärken. 

Ein erstes Organisationstreffen hat bereits am 15.10.2019 an der Universität Witten/Herdecke stattgefunden. Zehn Studierende unterschiedlicher Studiengänge sind der Einladung von Pauline Warneboldt gefolgt. Dieses Team wird nun andere Bildungseinrichtungen anschreiben und Studierende aufrufen, interdisziplinär zusammenzuarbeiten. Entgegen kommt uns die Gründung einer neuen AG „Junge Forschung“ in der Wissenschaftlichen Fachgesellschaft Künstlerischer Therapien. Es scheint, als würden da junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler hinter den Kulissen der interdisziplinären Bühne hervorlinsen und winken.

Wer Kontakt mit uns aufnehmen möchte, kann das per E-Mail: christina.niedermann@posteo.de oder pauline.warneboldt@uni-wh.de. Mit unserem Projekt „Vernetzung und Kompetenzerwerb“ werden wir seit Oktober 2019 von der Andreas Tobias Kind Stiftung gefördert. Wir freuen uns, dass unsere Projektidee in der Stiftung auf Resonanz gestoßen ist und bedanken uns für die Unterstützung.

Im Gespräch mit ... Prof. Dr. Susanne Metzner, Professorin für Musiktherapie und ehemaliges Beiratsmitglied

In unserem Jubiläumsjahr lassen wir Menschen zu Wort, die der Stiftung in den vergangenen 30 Jahren auf besondere Art und Weise verbunden waren. Dieses Mal stellt sich unser ehemaliges Beiratsmitglied und Professorin für Musiktherapie Dr. Susanne Metzner unseren Fragen u.a. rund um ihr Engagement für unsere Stiftung, ihre Biografie und ihr Faible für neue Orte.

Liebe Frau Prof. Metzner, von 2006 bis 2013 waren Sie Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Kind Stiftung und haben die Arbeit unserer Stiftung bedeutend mitgeprägt. Erzählen Sie uns, wie es dazu gekommen ist?

SM: Ich hörte erstmals über die Stiftung von Monika Nöcker-Ribaupierre, mit der ich zusammen studiert habe. Und dann bekam ich mit, dass ein neues Mitglied für den wissenschaftlichen Beirat gesucht wurde und bewarb mich um die Mitarbeit, weil ich glaubte, dass mein nahegelegener Wohnort praktisch sei und vielleicht auch meine Kompetenz gebraucht werden könnte. Diese Bewerbung ist dann versehentlich untergegangen, aber ein Jahr später wurde ich von Herrn Kind eingeladen mitzuarbeiten. Ich habe dann gerne einfach zugesagt. 

Und haben es hoffentlich nicht bereut ...? Was ist Ihnen bezüglich Ihrer Tätigkeit als Beirätin besonders in Erinnerung geblieben?

SM: Natürlich nicht! Für mich waren es sieben reiche Jahre. Ich bekam Einblick in zahlreiche sehr innovative Förderanträge von sehr engagierten Menschen. Es gab ausführliche und sachorientierte Diskussionen im Beirat und mit den Gesellschaftern und das Wichtigste: all dies in einer sehr angenehmen und kreativen Atmosphäre. Stets stand der Mensch im Mittelpunkt, der Mensch in seinem Wunsch nach Entwicklung, nach Erkenntnis und nach Gesehenwerden. Natürlich ist bei einer Stiftung immer auch die Relation von Investition und möglichen Ergebnissen im Blickfeld, aber im Vergleich zu anderen Förderinstitutionen waren bei der Bearbeitung der Anträge nicht Strenge oder Restriktion, sondern Großzügigkeit leitend. So etwas ist heutzutage extrem selten und neben mir können sich viele weitere Menschen, besonders natürlich die Geförderten, glücklich schätzen, etwas davon mitbekommen zu haben. Sicher ist es zu allererst die Stifterfamilie, die dies so gestaltet hat, aber wenn ich es recht bedenke, so war es für mich wohl am meisten Anja Hauser, die auf ganz einzigartige Weise die Philosophie der Stiftung verkörpert hat.

Ich möchte gerne auf Ihren persönlichen Werdegang zu sprechen kommen. Sie haben 1979 zunächst Sozialpädagogik in Berlin studiert und knappe zehn Jahre später ihr Diplom in Musiktherapie in Hamburg erhalten. Darüber hinaus sind Sie Diplom-Blockflötistin und haben kurz nach ihrer Promotion zum Doctor Scientiae Musicae (1998) eine Approbation als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin erlangt. Parallel begannen Sie Ihre Professur an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg (1991-2002) und wechselten dann für 15 Jahre an die Hochschule Magdeburg-Stendal, wo Sie u.a. die Leitung für den Master-Studiengang ‚Methoden musiktherapeutischer Forschung und Praxis’ übernahmen. An der Medizinischen Fakultät der Universität Magdeburg haben Sie zudem habilitiert. Seit 2016 sind Sie Professorin für Musiktherapie an der Universität Augsburg und leiten dort den Masterstudiengang Musiktherapie. Das klingt nach einem sehr ambitionierten wissenschaftlichen Ausbildungs- und Karriereweg. Was hat Sie bei all Ihren Schritten besonders motiviert?

SM: Ich könnte nicht sagen, dass ich mir diesen Weg genau so vorgenommen hätte, zumal reichlich Zickzackbewegungen darin sind, sowohl was die Berufe angeht als auch die Regionen und Institutionen. Ich habe ja auch noch lange Zeit praktisch gearbeitet - 8 Jahre als Sozialpädagogin in einer Kirchengemeinde und 13 Jahre als Musiktherapeutin in freier Praxis sowie in der Erwachsenenpsychiatrie. Rückwirkend betrachtet folgte ein Schritt irgendwie logisch auf den anderen. Man nimmt ja eigentlich auch immer nur die nächste Treppenstufe und erst die Summe macht dann so etwas wie einen „steilen“ Weg. Wenn ich ganz weit zurückdenke, so wollte ich als Kind immer Lehrerin werden, und am Ende bin ich es dann auch geworden. In diesem Jahr hatte ich mein 30-jähriges Jubiläum als Hochschullehrerin und mein 40-jähriges Jubiläum im öffentlichen Dienst. Als die Präsidentin der Uni Augsburg ankündigte, mir die betreffende Urkunde überreichen zu wollen, habe ich erst gezuckt - und dann herzlich gelacht! 
 
Ihre Studienzeit spielte sich hauptsächlich in den Achtziger Jahren ab. Seitdem hat sich die Hochschullandschaft in Deutschland stark verändert. Was sagen Sie zur heutigen Studien- und Ausbildungssituation des Fachs Musiktherapie? 

SM: Die Weiterentwicklungen der Musiktherapie sowohl in methodischer als auch in wissenschaftlicher Hinsicht spiegeln sich in den heutigen Ausbildungen, zumindest in denen, die man berufsqualifizierend nennen kann. Bachelor- und Masterstudiengänge haben sich curricular und didaktisch sehr viel weiterentwickelt. Schulenstreitigkeiten sind beigelegt, und die Lehrenden verfügen inzwischen über reichlich Erfahrung darin, wie es gelingen kann, an staatlichen Hochschulen Therapeut*innen auszubilden. Wir kennen die Fußangeln zwischen wissenschaftlich-fachlicher Ausbildung und individueller Persönlichkeitsentwicklung. Hier haben wir einen deutlichen Vorsprung z. B. vor der neuen Direktausbildung Psychotherapie. Gleichzeitig geht die (ja wünschenswerte) Definition von disziplinären Ausbildungsstandards oder Fortbildungsverpflichtungen sowie die durch empirische Forschung erstrebte Legitimation im Gesundheitswesen wohl auch auf Kosten von dem, was wir früher als kreative Vielfalt ungewöhnlicher Persönlichkeiten in unserer Profession sehen konnten. Dies ist sicher auch Spiegel einer Entwicklung in allen Heilberufen, geht aber zu Lasten von den Menschen, die Behandlung suchen, denn sie sind ja oft auch ungewöhnliche Persönlichkeiten. Die an Universitäten geltenden Regeln und Standards einzuhalten und den Student*innen gleichzeitig individuelle Spielräume zu ermöglichen, gehört heute viel mehr als damals zu den echten Herausforderungen in der musiktherapeutischen Hochschullehre. 
 
Welchen musiktherapeutischen Praxis- oder Forschungsthemen widmen Sie sich derzeit bzw. würden Sie sich in Zukunft gerne widmen?

SM: Meine Schwerpunkte sind ja die Musik-imaginative Schmerzbehandlung und die psychodynamisch orientierte Musiktherapie bei Psychosen. In beiden Feldern habe ich bereits geforscht und würde das gern auch fortführen und intensivieren. Schwierig ist, Studientherapeut*innen zu finden, die sich neben dem oft anstrengenden Berufsalltag auch für die Forschung interessieren. Eine weitere Herausforderung ist zudem die Generierung von Forschungsgeldern. Selbst wenn es passende Ausschreibungen gibt, braucht man so etwas wie die kritische Masse an Personal und an Vorleistungen, was in einem sog. Kleinen Fach nicht so leicht zu erbringen ist. Hier tut sich jedoch inzwischen einiges z. B. in Form von Multicenterstudien. Voraussetzung dafür ist, dass Musiktherapeut*innen nicht wie früher immer nur ihr eigenes Thema bearbeiten wollen, sondern inzwischen viel mehr in der Lage sind, in einem Team zu kooperieren. Wenn ich mir also etwas wünschen könnte: ich würde gern die Prozessforschung in der Psychosentherapie weiter voranbringen und dies mit Outcomeforschung kombinieren, denn ich bin überzeugt, dass wir hier ein Feld haben, in dem die Musiktherapie nicht nur eine Möglichkeit unter mehreren anderen ist, sondern womöglich die psychotherapeutische Behandlung der Wahl ist. 
 
Ihrer Biografie lässt sich entnehmen, dass Sie sich weder vor neuen Forschungsfeldern, noch vor Ortswechseln scheuen. Neben ihren innerdeutschen Umzügen von Berlin über Hamburg nach Magdeburg und zuletzt Augsburg haben Sie in den vergangenen Jahren zahlreiche Lehraufträge im Ausland angenommen haben, u. a. in Norwegen, Israel, Dänemark, Südkorea, Belgien und den USA. Was reizt Sie besonders daran, sich auf neue Orte und Situationen einzulassen?

SM: Eine der interessanten Erfahrungen ist, dass ich überall etwas anders bin und gleichzeitig überall dieselbe. Das klingt wie ein Widerspruch, ist es aber nicht. Es könnte jedoch sein, dass ich genau diese Erfahrung immer wieder auf’s Neue suche. Denn eigentlich wirft mich die Fremde doch auch auf mich selbst zurück. Ich merke ja bestimmte Eigenschaften, Angewohnheiten, Erwartungen von mir selbst erst, wenn ich mich dem Unbekannten aussetze. Das Faszinierende ist also immer die Begegnung und der Dialog. Wenn ich genau darüber nachdenke, dann könnte das aber eigentlich überall geschehen, auch in der Straße in der ich wohne. 
 
Gibt es einen Ort, an den Sie gerne wieder zurückkehren, vielleicht sogar irgendwann alt werden möchten? 

SM: Zum Glück habe ich noch etwas Zeit, mir darüber schon Gedanken machen zu müssen. Aber ich mag es, mich in meiner eigenen Sprache ausdrücken zu können. Ich liebe auch den Geruch von warmem Sand in der Mark Brandenburg und das Glitzern der kleinen Seen. Oder die langsame Abenddämmerung im sommerlichen Schleswig-Holstein und den Zug der Kraniche. Oder vielleicht doch das Bimmeln der Kuhglocken in bayerischen Bergen und den Duft der Luft nach einem Landregen? 

Ganz herzlichen Dank für den spannenden und offenen Austausch, liebe Frau Prof. Metzner! Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft - wo auch immer Sie sie verbringen mögen! 

Verwaltungsgesellschaft der Andreas Tobias Kind Stiftung mbH
c/o Britta Johannesson I Norderstr. 31 I 22846 Norderstedt
info@andreas-tobias-kind-stiftung.de I www.andreas-tobias-kind-stiftung.de
Registergericht: Amtsgericht Hamburg I HRB 43227 I Geschäftssitz: Hamburg






This email was sent to *|EMAIL|*
why did I get this?    unsubscribe from this list    update subscription preferences
*|LIST:ADDRESSLINE|*

*|REWARDS|*